Regie: Curt Siodmak, Robert Siodmak
Mit Erwin Splettstößer, Brigitte Borchert, Wolfgang Waltershausen, Christl Ehlers, Annie Schreyer
Menschen am Sonntag ist ein Stummfilm von Robert und Curt Siodmak, Edgar G. Ulmer und Billy Wilder. Er wurde von Moriz Seelers Produktionsfirma „Filmstudio 1929“ produziert und entstand in den Jahren 1929 und 1930 in Berlin und Umgebung. [...] Er zählt zu den späten Vertretern der Neuen Sachlichkeit im Film.
Der Film beginnt an einem Samstag am Berliner Bahnhof Zoo. Gezeigt wird das hektische Treiben von Menschen, Autos, S-Bahn, Bus und Straßenbahn. Es folgt die Vorstellung der Hauptcharaktere – der Taxifahrer Erwin und seine Freundin, das Mannequin Annie; die Komparsin Christl und ihre Freundin Brigitte, eine Schallplattenverkäuferin; schließlich der Weinvertreter Wolfgang.
Wolfgang spricht Christl vor dem Bahnhof Zoo an, sie gehen in ein Straßencafé und verabreden sich für einen Sonntagsausflug nach Nikolassee. Es folgen Aufnahmen von Schiffen auf der Spree und Kindern am Ufer. Szenenwechsel. Erwin kommt nach getaner Arbeit heim, Annie faulenzt auf der Chaiselongue. Er setzt sich an den gedeckten Tisch, trinkt, isst und liest Zeitung. Danach machen sich beide ausgehfertig, um sich den neuesten Garbo-Film im Kino anzusehen. Ein Streit bahnt sich an, schließlich zerreißen sie die zahlreichen Starpostkarten des jeweils anderen. Der Kinobesuch fällt aus, stattdessen spielen Erwin und Wolfgang, der der Nachbar der beiden ist, Karten.
Sonntag. Man sieht Bilder aus Berlin. Parkanlagen, Straßenszenen, Blicke aus der Stadtbahn. Am Bahnhof Berlin-Nikolassee wartet Christl wie vereinbart auf Wolfgang; sie hat ihre Freundin Brigitte im Schlepptau. Wolfgang kommt in Begleitung von Erwin. Da Annie den Sonntag anscheinend lieber im Bett verbringt, ziehen die vier los zum Wannsee.
Der Film schildert das Leben junger Menschen in der Metropole Berlin Ende der 1920er Jahre. Vier der fünf Hauptdarsteller standen das erste Mal vor der Kamera, nur Christl Ehlers hatte bereits ein Jahr zuvor eine Hauptrolle in dem Märchenfilm Frau Holle gespielt. Seine Entstehungsgeschichte macht den Film zu einem der ersten Independentfilme und zu einem Vorläufer des Neorealismus der Nachkriegszeit. Menschen am Sonntag ist außerdem sehenswert aufgrund seiner dokumentarischen Filmaufnahmen der noch unzerstörten Hauptstadt in sommerlicher Wochenendstimmung.
Möglich wurde der Film, weil Robert Siodmak von einem Onkel 5000 Mark als Geschenk erhalten und dessen Bruder Curt eine Story für einen mit wenig Aufwand zu drehenden Film hatte. Der spätere Oscarpreisträger Billy Wilder verfasste das Drehbuch mit Robert Siodmak. Die Brüder Siodmak setzten ihre Karriere ebenso wie Wilder in den USA fort. Edgar G. Ulmer sollte in Hollywood vor allem B-Filme drehen. Kurze Auftritte haben der Regisseur Kurt Gerron und die Tänzerin Valeska Gert (in der Fotografen-Szene).
Die Originalfassung, welche nicht mehr vorhanden ist, hatte eine Länge von 2.014 Metern. Die nun existierende Version besteht aus einer 1.615 Meter langen Fassung aus dem Nederlands Filmmuseum, dessen fehlende Szenen so weit wie möglich mit erhaltenen Sequenzen aus der Cinémathèque Suisse, der Cinémathèque Royale de Belgique und der Fondaziona Cineteca Italiana ergänzt wurden. Die deutschen Zwischentitel wurden neu angefertigt, basierend auf noch vorhandenen Textquellen. Resultat ist eine 1.856 Meter lange Endfassung.
„Eine halbdokumentarische Collage aus Spielszenen und Sozialreportage, durch Bildverismus, Darstellung und Vermittlung sozialer Realität eines der herausragenden Werke der deutschen Stummfilm-Avantgarde. Die präzisen und authentischen Beobachtungen aus dem Milieu der Angestelltenkultur, beispielhaft für die gesellschaftliche Entwicklung der späten 20er Jahre, haben den Charakter eines historischen Dokuments; der Inszenierungsstil des Films, der seine Episoden aus dem Flair der Originalschauplätze und der spontanen Selbstdarstellung seiner Laienschauspieler entwickelt, beeinflußte den poetischen Realismus im Frankreich der 30er Jahre und wirkte stilbildend für den italienischen Neorealismus.“ Lexikon des internationalen Films
Quelle: Seite „Menschen am Sonntag“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 20. Juni 2020, 20:40 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Menschen_am_Sonntag&oldid=201161137 (Abgerufen: 6. August 2020, 09:37 UTC)
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