Mit River Phoenix, Keanu Reeves, James Russo, William Richert, Chiara Caselli, Udo Kier
My Private Idaho – Das Ende der Unschuld ist ein Roadmovie aus dem Jahr 1991. Regie führte Gus Van Sant, die Hauptdarsteller sind Keanu Reeves und River Phoenix. Der Film gilt neben anderen als Auslöser für das New Queer Cinema.
Mike und Scott verdienen sich ihr Geld als Stricher in den Straßen von Seattle bei ihren überwiegend, aber nicht ausschließlich männlichen Kunden. Scott stammt aus einer angesehenen Familie und rebelliert damit gegen seinen Vater, den Bürgermeister der Stadt. Mike dagegen ist ein Straßenkind und hat seine Familie seit Jahren nicht gesehen. Schwierigkeiten bereitet ihm auch seine Narkolepsie. Bei Stress fällt er plötzlich in einen tiefen Schlaf. Seine Träume oder Visionen führen ihn dabei zurück in die Kindheit. Aus diesen, besonders in Gegenwart von Freiern, hilflosen Situationen wird Mike oft durch Scott gerettet. Die beiden jungen Männer verbindet eine innige und intime Freundschaft. Mike ist heimlich in Scott verliebt, diese Liebe wird jedoch nicht erwidert, da Scott nicht homosexuell ist. Als Mike wieder einmal einen seiner Schlafanfälle erleidet, sorgt Scott dafür, dass sie mit Hans – einem exzentrischen, aus Deutschland stammenden Freier – nach Portland mitfahren. Als Vaterersatz für beide fungiert der sogenannte „König der Aussätzigen“ namens Bob.
Van Sant hatte bereits in den 1970er-Jahren an einem Drehbuch über männliche und homosexuelle Prostitution gearbeitet, las dann allerdings John Rechys Roman City of Night – dieser Roman beeindruckte Van Sant tief und beeinflusste später auch My Own Private Idaho. Er ließ seine Idee allerdings zunächst ruhen, da er in Rechys Roman das Thema besser bearbeitet als in seinem Drehbuch sah. Martin Bells oscargekrönter Dokumentarfilm Streetwise (1984) über obdachlose und sich prostituierende Jugendliche sowie eine Begegnung mit dem Seattler Straßenjungen Michael Parker beeinflussten Van Sant Ende der 1980er-Jahre, weiter an dem abgebrochenen Filmprojekt zu arbeiten. Parker war auch die Inspiration für die Figur des Mike Waters und erhielt im Film die Nebenrolle des Prostituierten Digger.
Neben dem Drehbuch über Straßenjungen hatte Van Sant auch die Idee, eine moderne Adaption von Shakespeares Historiendramen Heinrich IV., Teil 1, Heinrich IV., Teil 2 und Heinrich V. zu machen. Schließlich kam er beim Ansehen von Orson Welles’ Film Falstaff (1965) auf die Idee, beide Geschichten miteinander zu verknüpfen, da er in den Shakespeare-Stücken sehr viel Vergleichbares zum Leben der Straßenjungen fand. Im Film erinnert Scott Favor stark an den jungen Heinrich V., von Shakespeare Prince Hal genannt: In seiner Jugend gibt er sich mit Kriminellen und Obdachlosen ab, lässt diese jedoch mit der Übernahme seiner standesgemäßen Verantwortung enttäuscht zurück. Die Figur des beleibten, lebenslustigen Obdachlosen-Anführers Bob erinnert an Falstaff, den von Prinz Hal erst geschätzten und später verleugneten Freund. Auch der stilistische Einfluss von Welles’ Falstaff auf My Own Private Idaho ist deutlich erkennbar.
Nachdem Van Sant im Jahr 1989 mit dem Film Drugstore Cowboy, der drogenabhängige junge Menschen zeigte, seinen Durchbruch hatte, zeigten mehrere Filmstudios Interesse an einer Zusammenarbeit und machten ihm lukrative Angebote. Als er jedoch mit der Idee von My Own Private Idaho vorsprach, erschien das Thema den Hollywood-Studios als zu riskant. Mithilfe des Produzenten Cam Galano von New Line Cinema erhielt er schließlich 2,6 Millionen US-Dollar als Budget zur Verfügung.
Produktionsassistent Matt Ebert erzählte, dass er selbst, Gus van Sant und ein Großteil der männlichen Hauptdarsteller während der Dreharbeiten in demselben Haus in Oregon lebten. In diesem Haus gab es keinerlei Möblierung, das Schlafen in Schlafsäcken sollte die Hauptdarsteller auf ihre Rollen als Obdachlose einstimmen. Einige der Mitwirkenden, wie beispielsweise Michael Parker, waren Laiendarsteller, die tatsächlich als Straßenkinder in Portland lebten.
Roger Ebert gab dem Film in seiner Kritik vom 18. Oktober 1991 dreieinhalb von vier Sternen. Obwohl die Hauptfiguren Prostituierte seien, sei der Film überraschenderweise „nicht wirklich über Sex, der weder Mike noch Scott sehr interessiert.“ Mike wolle Liebe und jemanden, der sich wirklich um ihn kümmert und ihm Schutz gibt, egal ob mit einem Mann oder einer Frau. „Die Leistung dieses Filmes ist es, dass er versucht, einen Zustand driftender Not hervorzurufen, und das gelingt. Da ist keine mechanische Handlung, die zu einem Hollywood-Ende führen muss, und keine gekünstelten Tests für die Helden zu bestehen; das ist ein Film über zwei besondere junge Männer, und wie sie in ihrem Leben bestehen.“
Jonathan Rosenbaum befand, dass man sich an den eklektischen Stil des Filmes vielleicht etwas gewöhnen müsste, dennoch funktioniere beinahe alles, da er lyrischen Fokus zu seinen Charakteren bringe und Poesie beweise. „Phoenix war niemals besser, und Reeves macht das beste aus einer Rolle, die hauptsächlich Shakespeares Hal gefiltert durch Welles ist.“
Der Filmdienst schreibt, My Private Idaho sei ein „karg und konzentriert erzählter Film über Trostlosigkeit, Einsamkeit und Ausbeutung, der das Falstaff-Motiv für seine Strichergeschichte nutzt und immer wieder Gelegenheit für Brechungen und symbolische Überhöhungen findet; anstrengend, aber ebenso klug wie ehrlich und kompromißlos.“