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Ein Taifun zieht auf. In einer Provinzstadt wird eine Gruppe von Oberstufenschülern von einem sommerlichen Unwohlsein geplagt. Als der Sturm ausbricht, verkriechen sich die unbeaufsichtigten Jugendlichen in ihrer Schule, während eine Mitschülerin – allein auf einer verstörenden Reise in die große Stadt – verschwindet. Der Sturm und die Flut wüten bis in die Nacht hinein und in dieser plötzlich aus den Fugen geratenden Welt lassen die Schüler ihren aufgestauten Ängsten und aufkeimenden Leidenschaften in einer Reihe von treibenden, phantastischen und apokalyptischen Szenen freien Lauf. Als der Tag anbricht und der Regen nachlässt, öffnen die Jugendlichen die Augen und sehen eine Welt in Trümmern – oder eine erneuerte Welt...
Typhoon Club, ein Werk wie eine Naturgewalt, von roher, elementarer Kraft, gilt als Meilenstein des japanischen Kinos. In gewagten langen Einstellungen verleiht Regisseur Somai dem turbulenten Innenleben seiner jugendlichen Protagonisten eine materielle Form. Laut einer Umfrage des japanischen Kinema Junpo liegt Typhoon Club auf Platz 10 der besten japanischen Filme aller Zeiten.
Oscar-Preisträger Ryusuke Hamaguchi wählte 2023 Typhoon Club für die Retrospektive Coming-of-Age der Berlinale aus. Über den Regisseur Shinji Somai sagt Hamaguchi: "Ich kann voller Überzeugung sagen, dass kein japanischer Filmemacher einen Film macht, ohne sich seiner Existenz bewusst zu sein. So bedeutend ist Somais Präsenz in der Geschichte des japanischen Kinos... Wer einen Film sehen will, der die Kraft hat, sein Leben zu verändern und zu erhalten, dem empfehle ich dringend, sich die Filme von Somai anzusehen.“
Über den Regisseur:
Charakteristisch für Shinji Somais Stil sind lange Einstellungen und „akrobatische“, aufwendige Sequenzen, bei denen Kräne und Dollies zum Einsatz kommen. Bezeichnend sind auch die körperlichen, enthemmten Darstellungen seiner Schauspieler in Filmen, die oft von der archaischen Energie der Jugend angetrieben werden. Somai war eine zentrale Figur des japanischen Kinos in den 1980er-Jahren – einem Kino zwischen dem Zusammenbruch des Studiosystems und dem Aufbruch einer Generation unabhängiger Filmemacher. In seiner bewegten Karriere entwickelte Somai eine idiosynkratische Arbeitsweise: Er bediente sich populärer Genreformen, sperrte sich aber gleichzeitig gegen deren Konventionen. Er unterbrach den Erzählfluss, um die Kamera, ihre Kunstfertigkeit und ihren Erfindungsreichtum, in den Vordergrund zu stellen und ihre Bewegungen so zu choreografieren, dass es gleichzeitig präzise und spontan wirkte. Somais Filmen wohnt ein so unbändiges Lebensgefühl inne, dass die Aufnahmen oft aus den Nähten zu platzen scheinen.
Der Kritiker Shigehiko Hasumi drückte es so aus: „Obwohl Somais Kamera nie die fließenden Bewegungen von Mizoguchi oder Ophüls hatte, blieb sie beharrlich, riskierte den Anschein von Unbeholfenheit und schmiegte sich an das unvorhersehbare Verhalten seiner Figuren, mal zögerlich, mal abrupt entschlossen."
Somai bevorzugte die Arbeit mit Laien und Schauspielanfängern, um Schauspielerei und bewusste Verstellung vermeiden und unerforschte Seinszustände besser herausstellen zu können. Er förderte viele junge Talente, darunter Masatoshi Nagase und Yuki Kudo (u. a. Mystery Train von Jim Jarmusch). 1982 gründete er zusammen mit Filmemachern wie Kiyoshi Kurosawa, Kazuhiko Hasegawa und Sogo Ishii die Director's Company – eine wegweisende, unabhängige Produktionsfirma, die jungen Filmemachern künstlerische und finanzielle Freiheit ermöglichen wollte.
In seiner Generation wurde Somai von Cineasten und Kritikern in den höchsten Tönen gelobt und zum größten japanischen Filmemacher der 1980er-Jahre gewählt. Sein bleibender Einfluss ist in den Arbeiten moderner japanischer Filmemacher von Kiyoshi Kurosawa (Chime) bis Ryusuke Hamaguchi (Drive My Car) bis heute spürbar.
Shinji Somai vollendete 13 Filme, bevor er 2001 im Alter von nur 53 Jahren verstarb. Er hinterließ mit seinem persönlichen und lebendigen Gesamtwerk große Spuren im internationalen Kino.
Im Rahmen unseres Projektes "Off-Kultur BASTION - Horizonte" wird diese Veranstaltung gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen durch Soziokultur NRW